Typisch amerikanisch

Bevor ich 2012 in die USA zog, hatte ich so einige Vorstellungen darüber, was typisch amerikanisch ist. Ich hatte damals nichts mit den USA oder Amerikanern zu tun. Wenn mich vorher jemand gefragt hätte „Was ist typisch amerikanisch?“, dann wären mir wohl Rodeos, Cowboyhüte, Übergewicht und Waffen in den Sinn gekommen. Natürlich sind das Stereotypes und oft sind solche Vorurteile über die USA eigentlich texanische Eigenarten.

Die USA ist ein sehr großes Land, dementsprechend gibt es auch regionale Unterschiede. Nicht nur die Zeitzonen und Klimas sind unterschiedlich, auch die Küche, der Dialekt und natürlich die Menschen. Die USA ist nicht nur Texas oder Florida.

Würde ein Amerikaner, der in Berlin lebt, über Deutschland berichten, würde er sicherlich andere Stereotypes erwähnen, als wenn er in Hintertupfing wohnt. Genauso ist es auch ein Unterschied, wenn ein Deutscher aus Miami über die amerikanischen Eigenarten erzählt, oder ich in einer kleinen Stadt aus Connecticut meine Erfahrungen teile. Typisch amerikanisch kann demnach natürlich jeweils etwas anderes bedeuten.

Nachdem wir nun geklärt haben das diese Stereotypes nicht überall und immer zutreffen, folgen nun einige Dinge die mir als typisch amerikanisch aufgefallen sind.

Typisch amerikanisch beim Essen

Natürlich gibt es gerade beim Essen regionale Spezialitäten. In Connecticut sind beispielsweise Hummerbrötchen bekannt. Aber es gibt auch Gerichte, die man in überall den USA besonders gerne isst.

  • Burger aus Rindfleisch
  • Ribs
  • Grillen/Barbecue
  • Pie
  • Üppiges und oft warmes Frühstück
  • Hotdog Stände
Burger und Fries in den USA

Grillen, das sogenannte Barbecue, ist in allen Staaten beliebt. Wenn das Wetter passt, wird bei uns fast jedes Wochenende gegrillt. Fast jedes Haus hat einen dieser großen wuchtigen Grills stehen.

Sehr typisch für Amerikaner ist auch das man zu fast allem Ketchup oder BBQ-Soße isst. Eine weitere Eigenart ist das Nachwürzen, das ich erst als unhöflich empfand. Mir ist aber aufgefallen, das Essen in den USA entweder sehr scharf oder absichtlich fade gekocht wird und dann jeder nach eigenem Geschmack nachwürzt.

Ein typisches amerikanisches Küchengerät ist auch der Slow Cooker, der in fast jeder amerikanischen Küche zu finden ist.

Übergewichtigkeit ist in den USA ein großes Problem. Auch ich habe seit ich in den USA lebe schnell zugenommen. Dies hat verschiedene Gründe. Ein Hauptgrund für diese ungesunde Ernährung ist wohl das Zutaten für die Lebensmittelindustrie bezuschusst werden und somit verarbeitete Lebensmittel viel billiger als frische Zutaten sind. Auch die ganzen Zusatzstoffe, die in den USA erlaubt, aber in Europa gebannt sind, haben sicher damit zu tun. Dazu kommt auch das man in den USA kaum zu Fuss geht und auch kleine Strecken mit dem Auto fährt. Öffentliche Verkehrsmittel sind, außer in Großstädten, kaum vorhanden und in vielen Gegenden ist es auch zu gefährlich zu Fuss zu gehen. Die Städte sind oft nicht für das Laufen gebaut, Gehwege sind manchmal garnicht vorhanden oder seit Jahrzehnten vernachlässigt.

Trinken ab 21

Trinken ist tatsächlich erst ab 21 erlaubt. Auch Bier und Wein dürfen erst ab 21 Jahren getrunken werden. Je nach Staat gibt es auch noch Regeln, wann Alkohol gekauft werden darf und wie er transportiert werden kann. Öffentliches Trinken ist auch untersagt, daher werden alkoholische Getränke in Papiertüten gesteckt oder in Wackelpudding gemixt.

Menschen

Die Amerikaner sind meiner Erfahrung nach sehr aufgeschlossen, hilfsbereit aber leider nicht immer zuverlässig. Wo sich die Amerikaner meiner Meinung nach am meisten von Deutschen unterscheiden, ist ihre enorme Flexibilität. Es wird hier nicht so viel vorgeplant und so manch einer lebt hier von einem Tag zum anderen.

Amerikanern wird oft Oberflächlichkeit nachgesagt, dies liegt oft an dem von uns Deutschen missverstandenem Smalltalk. Amerikaner sind auch für Gespräche mit Fremden offen und man tauscht gerne lächelnd einige nette Floskeln mit unbekannten Menschen aus.

Patriotismus und Militär

Patriotismus in den USA Mädchen mit amerikanischen Flagge

Ein weiterer Punkt, wo sich die Amerikaner sehr von Deutschen unterscheiden, ist der Patriotismus. Natürlich hat dies historische Hintergründe, die uns allen bekannt sind.

Es ist aber auch etwas anderes, wenn man bedenkt, dass wir als Deutsche ja normalerweise in das Deutsch sein hineingeboren werden. Deutsch sein ist also nichts besonders, nichts worauf man stolz sein kann. Amerikaner, mal abgesehen von den nativ Americans, haben sich selbst, oder durch ihre Vorfahren, dass Amerikaner sein errungen. Oft kamen die Vorfahren, um sich in Amerika ein besseres Leben aufzubauen. Dementsprechend werden Amerikaner auch so erzogen, dass sie es zu schätzen wissen US-Bürger zu sein.

Auch das Militär hat einen höheren Stellenwert und es gibt kaum eine Familie, die nicht jemand hat, der im Militär ist oder war. Militärangehörige werden mit viel Respekt und Dankbarkeit behandelt. Es gibt sogar zwei Feiertage speziell für Militärangehörige, den Veteran Day und den Memorial Day.

Amerikaner verpflichten sich unter anderem für das Militär, um eine bessere Ausbildung zu erhalten und manche sogar, weil sie die Welt bereisen möchten.

Kleidung

Die meisten Amerikaner kleiden sich gerne sehr leger. Shorts sind sehr typisch und werden hier, in Neu England, auch im Winter wenn Schnee liegt, getragen. Während man sich in Deutschland gerade über Menschen beim Einkaufen in Jogginghose aufregt, laufen mir hier beim Shoppen Leute mit Schlafanzug und Puschen über den Weg. Auch bei Hochzeiten sind Jeans oder gar Shorts keine Seltenheit.

In den USA gekauft Kleidung ist überwiegend sehr pflegeleicht und auch für den Trockner geeignet.

In Europa übliche Badehosen sind in den USA übrigens verpönt.

Haus

Ich liebe es das in den USA Küchen- und Kleiderschränke schon im Haus/Wohnung vorhanden sind. Auch Herd und Kühlschrank sind Standard. Großartig finde ich auch die Fliegengitter an den Fenstern, die meist auch schon dabei sind. Ein schon eingebautes Rollo, wie wir ihn kennen habe ich hier noch nie gesehen. Die Fenster sind auch sehr unterschiedlich und typisch sind hier die Fenster, die man nach oben und unten schieben kann. Eine Fensterbank sucht man hier auch vergebens.

Sehr typisch in amerikanischen Häusern und Wohnungen ist der fehlende Flur. Besucher kommen durch die Haustüre direkt in die Küche oder das Wohnzimmer.

Bequemlichkeit

Wenn man bedenkt, dass Amerikaner weniger Freizeit haben, ist es auch verständlich, dass man sich die Freizeit gerne so bequem wie möglich macht. Papierteller werden nicht nur auf Grillpartys, sondern gerne auch bei einem Thanksgiving Essen verwendet.

Drive ins gibt es nicht nur für Kaffee, sondern sogar für den Segen des Pfarrers. Sehr praktisch finde ich auch den Drive in für die Apotheke oder Bank. Inzwischen bieten immer mehr Supermärkte an, dass man online oder telefonisch bestellen kann, dann hält man auf einem speziell dafür vorgesehenen Parkplatz und bekommt seine Einkäufe in den Kofferraum gebracht. Natürlich kann man sich auch seinen Lebensmitteleinkauf nach Hause liefern lassen.

Trinkgeld

Die Amerikaner sind weltweit als gute Tipper (Trinkgeldgeber) bekannt. Das liegt daran, dass die Bedienungen in den USA leider nicht anständig bezahlt werden und auf das Trinkgeld angewiesen sind. Daher wäre es unverschämt nicht mindestens 15 – 20% des Rechnungsbetrages als Trinkgeld zu geben.

Kundenservice

Viele USA-Urlauber schwärmen vom hervorragenden Kundenservice in den Staaten. Die Bedienungen in Restaurants sind natürlich durch die Trinkgeldkultur in den USA extrem motiviert. Die Bedienung stellt sich einem per Namen vor und fragt immer wieder, ob alles ok ist. Ich finde das als etwas unangenehm und aufgesetzt.

Die Öffnungszeiten amerikanischer Läden und Supermärkte sind auch sehr Kundenfreundlich. Supermärkte und Drogeriegeschäfte haben selbstverständlich auch Sonntag offen und manche sogar 24 Stunden.

BIGGER is Better

Typisch amerikanisch ist auch die Einstellung, dass größer besser ist. Ein Burger allein reicht nicht, der sollte am besten auch noch doppelt sein, Cola Becher groß, wie ein Maßkrug und beim Verlobungsring lässt, man sich schon gar nicht lumpen.

Besonders bei den amerikanischen Autos fällt dieses Bedürfnis nach Größe enorm auf. Mancher deutsche Kleinwagen würde zweimal in ein amerikanisches Auto passen.

Was mich etwas verwundert, ist das Toiletten in den USA auffallend klein und tief sind.

Deutschland wird der USA immer ähnlicher, daher wird es immer schwieriger, hier spezielle Eigenarten hervorzuheben. Aber in meinem täglichen Leben mit einem Amerikaner fallen mir doch immer wieder einige Unterschiede auf.

Natürlich haben auch wir Deutschen unsere Eigenarten.